Spezifikation XNachweis

1.0.1

10.01.2024

Bundesverwaltungsamt

Spezifikation XNachweis

XNachweis ist ein Standard des Bundesverwaltungsamtes für die fachübergreifende Anforderung und Übermittlung von Nachweisen zu natürlichen und juristischen Personen. Mittels XNachweis werden nationale Verwaltungsportale, nachweisliefernde wie auch weitere öffentliche Stellen an das Nationale Once-Only-Technical System (NOOTS) sowie darüber an das entsprechende System für grenzüberschreitende Nachweisaustausche der Europäischen Union (EU-OOTS) angebunden. Der Standard ist kompatibel mit den europäischen Spezifikationen (EU-Technical Design Documents, kurz EU-TDD) der Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates (kurz SDG-VO) und gleichzeitig ausgerichtet auf die spezifischen Anforderungen eines nationalen Systems.

Der Standard wird von der KoSIT für das BVA entwickelt und betrieben. Er ist im XRepository unter der URL https://www.xrepository.de/details/urn:xoev-de:bva:standard:xnachweis verfügbar.

edition

1.0.1

pubdate

2024-01-10

editor

Bundesverwaltungsamt

author

KoSIT

Zeitpunkt der Erstellung

05.03.24 10:05

Versionsgeschichte

Kapitel 1Einleitung

1.1Ausgangssituation und Zielsetzung

Eine moderne Registerlandschaft stiftet Mehrwert für Bürger und Unternehmen und fördert das effiziente Verwaltungshandeln. Die Registermodernisierung ist deshalb von zentraler Bedeutung für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Viele Register sind derzeit so organisiert, dass sie alle für den jeweiligen Fachbereich erforderlichen Daten enthalten und der Kreis der zugriffsberechtigten Behörden eng begrenzt ist. Dies führt zu einer redundanten und häufig widersprüchlichen und inkonsistenten Datenhaltung. Diese Redundanzen sollten schrittweise aufgelöst werden. Langfristig soll jedes Datum möglichst nur bei der originär zuständigen Behörde vorhanden sein und von dieser gepflegt werden. Im Gegenzug muss sichergestellt werden, dass alle Behörden die Daten, die sie für ihre Aufgabenerfüllung benötigen, schnell und unkompliziert erhalten können und dürfen. Einmal erhobene Informationen sollen für alle weiteren relevanten Zwecke im Rahmen der rechtlichen Vorgaben zur Verfügung stehen. Zudem soll Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden, im Rahmen digitaler Antragsverfahren elektronische Nachweise anzufordern und dem Antrag beizufügen, oder diese von der für die Bearbeitung des Antrags zuständigen Behörde anfordern zu lassen. Die Registermodernisierung bildet damit eine notwendige Voraussetzung für den angestrebten Reifegrad vier für Verwaltungsleistungen gemäß dem Onlinezugangsgesetz OZG.

Das Once Only Prinzip der einmaligen Erfassung und mehrfachen Nutzung von Daten wird die Akzeptanz digitaler Verwaltungsleistungen steigern und zu einer signifikanten Verbesserung der Datenqualität und der Effizienz beitragen. Der in dieser Spezifikation definierte IT-Standard XNachweis ist für die technische Umsetzung des Once Only Prinzips konzipiert. Mit ihm werden öffentliche Stellen, zu denen insbesondere Verwaltungsportale gehören, Nachweise von anderen Behörden abrufen können. Dies soll nicht nur innerhalb Deutschlands gelten, sondern auch für Behörden anderer europäischer Mitgliedstaaten, sofern die Nachweise von der SDG-VO erfasst sind.

1.2Verhältnis zu Fachstandards der Verwaltung

In vielen fachlichen Domänen der öffentlichen Verwaltung sind im Rahmen der Digitalisierung leistungsfähige IT-Standards entwickelt worden, die jeweils eng an die zugrunde liegende Fachlichkeit angepasst sind. Jeder dieser Standards bietet eigene Lösungen für einen Datenabruf von elektronisch geführten Registern der jeweiligen Domäne.

XNachweis kann und wird diese Fachstandards nicht ersetzen, sondern eine zusätzliche Möglichkeit für einen Nachweisabruf schaffen. Die Rahmenbedingungen, die Leistungsfähigkeit und die Zielgruppe von Fachstandards und dem generischen Nachweisabrufstandard sind sehr unterschiedlich, so dass die parallele Existenz dauerhaft gerechtfertigt ist. Tabelle 1.1 stellt charakteristische Eigenschaften von XNachweis und typischen Fachstandards gegenüber.

Tabelle 1.1Vergleich XNachweis mit typischen Fachstandards

Eigenschaft

Fachstandard

XNachweis

Anwendungsbereich

Umsetzung fachlicher Anforderungen des Datenaustauschs in einem durch Fachrecht bestimmten Verwaltungsbereich

Abruf von Nachweisen unabhängig von der Fachlichkeit

Steuerung der Entwicklung

Fachexperten des jeweiligen Verwaltungsbereichs

Experten für technische Systeme zur Umsetzung des Once-Only-Prinzips in Deutschland, in Abstimmung mit Experten auf europäischer Ebene

Leistungsfähigkeit

Unterstützt lesende, schreibende und modifizierende Zugriffe auf Registerinhalte.

Unterstützt ausschließlich lesende Zugriffe.

Stabilität

Änderungshäufigkeit ist abhängig von Änderungen des zugrunde liegenden Fachrechts.

Da XNachweis fachunabhängig ist, ist nach der ersten Entwicklungsphase eine hohe Stabilität zu erwarten.

Gegenstand des Standards

Ein durch die jeweils zugrunde liegenden rechtlichen, organisatorischen und technischen Anforderungen bestimmtes Fachmodell des Datenaustauschs zwischen Behörden der jeweiligen Domäne.

Ein fachunabhängiges Modell für die Anforderung und die Übermittlung von Nachweisen durch bzw. bei öffentlichen Stellen.

Anforderungen ergeben sich aus dem Zielbild der Registermodernisierung, den einschlägigen Beschlüssen des IT-Planungsrats und (zumindest mittelbar) aus der SDG-VO und der SDG-DVO.

Der Inhalt von Nachweisen ist nicht Gegenstand der Standardisierung mit XNachweis. Der jeweilige Nachweis kann sowohl in strukturierter Form (beispielsweise im Format eines XÖV Fachstandards) oder in unstrukturierter Form (beispielsweise im PDF-Format) übermittelt werden.

1.3Rahmenbedingungen und Anwendungsbereich

XNachweis wird im Rahmen des Projekts Gesamtsteuerung Registermodernisierung von der KoSIT für das Bundesverwaltungsamt entwickelt. Die Entwicklung erfolgt derzeit iterativ und parallel zur Entwicklung der Gesamtarchitektur für das Nationale Once-Only-Technical-System (kurz NOOTS).

1.3.1Beziehung zur SDG-Verordnung

Der Standard ist primär an den nationalen Anforderungen zur Umsetzung des Once-Only-Prinzips und den angestrebten hohen Reifegrad bei OZG-Verwaltungsleistungen orientiert. Er dient aber auch zum Anschluss öffentlicher Stellen der Bundesrepublik Deutschland an das Europäische Once Only Technical System (kurz EU-OOTS) gemäß der aus der Single Digital Gateway Verordnung (kurz SDG-VO) resultierenden Anschlussverpflichtung. Aus diesem Grund muss der Standard XNachweis dauerhaft kompatibel mit den Vorgaben der Technical Design Documents der SDG-VO (kurz SDG-TDD) und den darin referenzierten Standards und Umsetzungen zum Anschluss an das EU-OOTS sein. Insbesondere die unter Kapitel 4: Exchange Data Model (kurz EDM) beschrieben Prozesse und Nachrichten zum Abruf und zur Übermittlung von Nachweisen im EU-OOTS waren die zentrale Ausgangsbasis für die initiale Entwicklung des vorliegenden Standards XNachweis.

In der konkreten Ausgestaltung und Fortschreibung des Standards sollen zunächst die in Tabelle 1.2, "Anwendungsfälle" aufgeführten Anwendungsfälle durch den Standard XNachweis unterstützt werden. Eine detaillierte Beschreibung der in der Tabelle benannten Anwendungsfälle ist in der sogenannte High-Level-Architecture (kurz HLA) des NOOTS gegeben.

1.3.2Anwendungsbereich

Insgesamt wird XNachweis vier Anwendungsfälle für den nationalen wie grenzüberschreitenden Nachweisabruf unterstützen. Diese lauten gemäß der HLA des NOOTS:

Tabelle 1.2Anwendungsfälle
Nr. laut High-Level-ArchtectureAnwendungsfallBestandteil XNachweis-Version
1aInteraktiver Nachweisabruf zu einer natürlichen Person über das NOOTSAb 2024
1bInteraktiver Nachweisabruf zu einem Unternehmen (im Sinne des § 3 Abs. 1 UBRegG) über das NOOTSAb 2024
2Nicht-Interaktiver Nachweisabruf im NOOTSAb 2024
3Abruf von nationalen Nachweisen aus EU-Mitgliedstaaten über das EU-OOTS 1.0
4Abruf von europäischen Nachweisen durch nationale Data Consumer über das EU-OOTS 1.0

1.3.3Nutzung von Intermediären Plattformen

Zur Erfüllung der Anschlussverpflichtung deutscher öffentlicher Stellen an das EU-OOTS hat der IT-Planungsrat mit der Entscheidung IT-PLR 2022/34 beschlossen, von der in der SDG-DVO eingeräumten Möglichkeit sogenannter Intermediärer Plattformen nicht nur Gebrauch zu machen, sondern deren Nutzung verbindlich vorzugeben.

Ein aufgrund der Vorgaben der SDG-VO in Verbindung mit der SDG-DVO erforderlicher Anschluss an das EU-OOTS muss stets indirekt über eine Intermediäre Plattform erfolgen. Dies gilt gleichermaßen für Nachweislieferanten wie auch für Nachweise abrufende Stellen. Der direkte Anschluss öffentlicher Stellen an das EU-OOTS ist nicht zulässig. Intermediäre Plattformen fungieren als zentrale Verbindungsglieder zwischen NOOTS und EU-OOTS:

  • Zum einen delegieren nationale Data Provider die Aufgabe der Nachweisbereitstellung an eine Intermediäre Plattform (Anwendungsfall 3). In diesem Fall nimmt die Intermediäre Plattform gegenüber dem EU-OOTS die Rolle des Evidence Provider ein.

    Dem nationalen Data Provider gegenüber agiert die Intermediäre Plattform als abrufende Stelle. Im Falle eines durch eine Behörde im europäischen Ausland initiierten Nachweisabrufs wird daher der nationale Data Provider bei sich den Abruf durch die Intermediäre Plattform protokollieren. Es ist Aufgabe der Intermediären Plattform, die Beziehung zwischen dem Nachweisabruf durch die ausländische Behörde im EU-OOTS einerseits, und dem daraus resultierenden Nachweisabruf im NOOTS andererseits zu protokollieren.

  • Zum anderen delegieren nationale Data Consumer an eine Intermediäre Plattform die notwendigen Aufgaben für den Abruf eines Nachweises aus dem EU-Ausland (darunter die Kommunikation mit den Common Services der EU, die damit zusammenhängende Kommunikation mit dem Nutzer und weiteres) und somit die Rolle des Evidence Requesters.

    Dem ausländischen Evidence Provider gegenüber agiert die Intermediäre Plattform als abrufende Stelle. Die Behörde im Ausland wird daher den Abruf durch eine Intermediäre Plattform der Bundesrepublik Deutschland protokollieren. Es ist Aufgabe der Intermediären Plattform die Beziehung zwischen dem Nachweisabruf durch die deutsche öffentliche Stelle im NOOTS einerseits, und dem daraus resultierenden Nachweisabruf im EU-OOTS andererseits zu protokollieren.

1.4Fortschreibung des Standards

Neben der Fortschreibung bestehender Inhalte im Rahmen des geregelten Betriebs wird für die im Folgenden dargestellte Bereiche ein sukzessiver Ausbau des Standards XNachweis erfolgen.

1.4.1Unterstützung weiterer Anwendungsfälle

Im Jahr 2024 wird XNachweis um die beiden in Tabelle 1.2, "Anwendungsfälle" dargestellten Anwendungsfälle 1 Interaktiver Nachweisabruf im NOOTS durch natürliche Person und 2 Interaktiver Nachweisabruf im NOOTS durch Unternehmen im Sinne des § 3 Abs. 1 UBRegG ergänzt.

1.4.2Integration des IAM für Behörden

Bei den ersten Anwendungen von XNachweis wird die Berechtigung der Kommunikationspartner (von denen einer stets die Intermediäre Plattform ist) noch nicht automatisiert geprüft werden können. Die sich mit dem weiteren Ausbau des NOOTS entwickelnden Mechanismen für ein Identity and Access Management (IAM) für Behörden werden bei der Fortschreibung des Standards XNachweis entsprechend Berücksichtigung finden.

1.4.3Umsetzung von Behördenabrufen

Gemäß der Entscheidung IT-PLR 2022/22 sollen im NOOTS neben den Anwendungsfällen analog der SDG-VO auch Behördenabrufe unterstützt werden. Das vom IT-Planungsrat beschlossene Zielbild 2021 beschreibt zwei Arten des Nachweisabrufs: (fachlich) synchron und (fachlich) asynchron . Die Begriffe synchron und asynchron sind nicht im engen technischen Sinne zu verstehen, sondern in ihrer Eignung für eine direkte Nutzerinteraktion. Synchron ist der Nachweisabruf, wenn der Nachweis innerhalb weniger Sekunden zur Verfügung steht. Asynchron hingegen erlaubt eine fast beliebige Dauer zwischen dem Nachweisabruf und der Bereitstellung des Nachweises – von Minuten bis zu mehreren Tagen. Durch den Lenkungskreis und den IT-Planungsrat wurde entschieden:

  1. Wenn der Data Consumer ein Online-Dienst ist, sollen nur fachlich synchrone Nachweisabrufe möglich sein.

  2. Bei entsprechender Rechtsgrundlage, insbesondere im Kontext der Eingriffsverwaltung, besteht zudem die Möglichkeit, dass der Nachweis auf dem Wege der Behörde-zu-Behörde Kommunikation über einen nicht-interaktiven Abruf eingeholt wird.

Für die Behörde-zu-Behörde-Kommunikation sollen deshalb auch fachlich asynchrone Nachweisabrufe möglich sein. Dies ermöglicht die Anbindung von Registern, die noch nicht in der Lage sind, synchron zu antworten. Eine Nutzerinteraktion (insbesondere die Möglichkeit der Vorschau vor Weiterleitung eines Nachweises an die abrufende Stelle) ist in diesem Fall ausgeschlossen.

Der Standard XNachweis soll daher für den nationalen Gebrauch so weiterentwickelt werden, dass auch der Behördenabruf mit der Möglichkeit des fachlich asynchronen Nachweisabrufs unterstützt wird.

1.4.4Kompatibilität mit XTA / OSCI

XNachweis soll mit den Standards XTA und OSCI kompatibel sein, die in der NOOTS-Transportinfrastruktur zum Einsatz kommen sollen. Diese befindet sich aktuell in Konzeption. Die Feststellung der Kompatibilität des Standards XNachweis mit den Standards XTA und OSCI obliegt der Registermodernisierungsbehörde.

1.5Auslieferungsbestandteile des Standards

XNachweis wird gemäß der XÖV-Methodik mit eigener Syntax zu entwickeln, die leicht mit Technologien nach aktuellem Stand der Technik und mit Produkten des IT-Planungsrats genutzt werden kann. Insbesondere werden Schemata für die Validierung von Nachrichteninstanzen in den Formaten XML Schema 1.0 und ISO Schematron im XRepository bereitgestellt werden.

Die im Folgenden dargestellten Bestandteile werden mit der vorliegenden Version des Standards XNachweis ausgeliefert und über die Bereitstellung im XRepository öffentlich bereitgestellt.

Spezifikation des Standards

Dieses Dokument.

XML Schemadefinitionen

xnachweis-basisdatentypen.xsd, xnachweis-baukasten.xsd und xnachweis-de-noots.xsd. Darüber hinaus werden alle durch den Standard XNachweis referenzierten Schemata im Gesamtschemapaket des Standards mit bereitgestellt.

Codelisten

Alle im Standard gemäß ??? genutzten Codelisten werden über das XRepository bereitgestellt. Die Angaben zur Nutzung der Codelisten durch den Standard (Nutzungstyp 1 bis 4) basieren auf den im Codelisten-Handbuch unter ??? dargestellten Nutzungsszenarien. Bei dem häufig verwendeten Nutzungstyp 3 wird eine Codelisten zur Nutzung vorgegeben, deren konkrete Version aber nicht benannt. In diesem Falle ist die jeweils aktuellste im XRepository bereitgestellte Version der Codeliste zu verwenden. Alle Codelisten zur vorliegenden Version des Standards können auch als Gesamtpaket im zip-Format über das XRepository in den jeweils aktuellsten Versionen heruntergeladen werden.

Geschäftsregeln

Für die aktuelle Version des Standard wurden noch keine Geschäftsregeln für die Umsetzung zum produktiven Betrieb abgestimmt. Die derzeit mit dem Standard bereitgestellte Datei xnachweis-schematron.sch ist als technische Umsetzung der in der vorliegenden Spezifikation beispielhaft dokumentierten Geschäftsregeln des Standards zu verstehen.